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Lux Guyer, malerische Promenade

Lux Guyer, malerische Promenade

Die «Malerische Promenade» ist eine erlebnisorientierte und dynamische Farbstrategie, in der die Bewegung in Raum und Zeit ein integraler Bestandteil ist.

Farben werden so gesetzt, dass sie in der räumlichen Zusammenschau eine eigenständige malerische Wirkung erzeugen. Das atmosphärische Zusammenspiel von Farbe, Raum und Licht lässt eine Vielzahl von begehbaren Farbbildern entstehen. Malerischer Spaziergang ist dabei durchaus wörtlich zu nehmen und als orchestrierte Abfolge von Atmosphären in farbigen Räumen zu erfahren. Deshalb ist die Strategie idealerweise aus der Wahrnehmung des Betrachters zu beschreiben.

Der Blick schweift in einem in Farbe gehüllten Raum umher, eine Tür öffnet den Blick in weitere Farbräume, sowohl in der Horizontalen als auch stockwerkübergreifend. Sie versprechen Weite und Vielfalt, locken, machen neugierig und laden den Betrachter ein, durch die Räume zu spazieren. Dabei begegnet man immer neuen Farbkompositionen, die Harmonien und Spannungen erleben lassen. Mal wird man von weichen Abfolgen fein abgestufter Farbräume begleitet, mal durchschreitet man dezidiertere Helldunkel-Kontraste, oder man taucht ein in ein nuanciertes Spiel mit Buntheit und Vergrauung. Die Räume entfalten einen Sog, kommen auf einen zu, weichen zurück. Außerdem werden deren unterschiedliche Dimensionen und Charaktere durch die differenzierte Farbgebung deutlicher wahrnehmbar.

Lux Guyer, malerische Promenade

Schließlich fällt der Blick durch die präzise gesetzten Fenster in den Garten, und neben der Blumenpracht erkennt man einen Teil der Fassade, deren Farbe sich mit jenen der Pflanzen und jenen der Innenräume zu weiteren dreidimensionalen Kompositionen fügt. Dank des raffinierten Zusammenspiels der farbigen Innenräume mit dem Außenraum und dank der durchdachten Lichtregie wird die Architektur in der «Malerischen Promenade» zu einer Abfolge von sinnlichen Ereignissen und vielseitigen Raumerlebnissen.

Der architektonische Spaziergang, die «promenade architecturale», ist nicht erst seit der Moderne als Konzept der Raumbildung und -wahrnehmung bekannt. So beschrieb Auguste Choisy (1841-1909) Ende des 19. Jahrhunderts die Anlage der Akropolis von Athen als eine Folge von konstruierten Bildern. Ein Betrachter brauche mindestens vier Standorte, um alle Statuen und Bauten der Akropolis zu sehen und das Gesamtensemble zu erfassen. Hiermit rückt Choisy die, wie er sie nennt, «pittoresken» Eigenschaften der klassischen Architektur in den Vordergrund. Auch für Camillo Sitte (1843-1903) stellt sich die mittelalterliche Stadt als pittoreske Raumabfolge dar. Den Begriff «pittoresk» im Zusammenhang mit der dynamischen Wahrnehmung von Architektur verwenden Choisy und Sitte gleichermaßen. In der Moderne ist es Le Corbusier (1887-1965), der, beeinflusst durch diese Anschauungsweisen, die Idee der «promenade architecturale» aufgriff und zu einem zentralen Element seiner Architektur und seiner städtebaulichen Theorie machte.

Der Begriff des «Malerischen» wurde vom Kunsthistoriker Heinrich Wölfflin (1864-1945) in entscheidender Weise neu gefasst und erweitert. Er prägte das begriffliche Gegensatzpaar linear-malerisch, das ihm dazu diente, eine mehr an Gedanken orientierte und eine primär am Sinnlich-Optischen interessierte Gestaltung voneinander abzugrenzen. Das Detail ist laut Wölfflin im malerischen Konzept stets einem Ganzen untergeordnet, denn die serielle Seherfahrung im übergeordneten Ganzen ist hier das wesentliche Gestaltungsprinzip. Bei einer malerischen Gestaltung geht es nicht nur um eine gefühlsbetonte und sequentielle Wahrnehmung, sie ist auch auf die Form und den Raum bezogen. Im Zusammenhang mit malerischer Farbanwendung spricht Wölfflin von einem tonigen Kolorit, das von Bindung und Bewegung, von Licht und Schatten lebt und das je nach Ansicht nicht an einen eindeutigen Formeindruck gebunden sei.

Die Begriffe malerisch und Promenade beschreiben demnach eine konzeptionelle Haltung, die bei der Betrachtung Bewegung erfordert und ein schrittweises Erleben der Architektur möglich macht. Darüber hinaus zielen sie auf die Wahrnehmung einer übergeordneten Gestaltung, die sich erst aus der Abfolge von atmosphärischen Ereignissen erschließt.

Wenn wir die beiden Begriffe zur Charakterisierung einer bestimmten Farbstrategie miteinander verbinden, ist «malerisch», konkreter als bei Wölfflin, auf die Farbe und deren Anwendung im Raum zu beziehen, während mit «Promenade» die Wichtigkeit der Bewegung in der Funktionsweise und im Erleben dieser Farbstrategie betont wird.

Die Strategie der «Malerischen Promenade» schafft charaktervolle Farbräume, die eine einprägsame Farberinnerung hinterlassen. Im räumlichen Dialog entstehen Farbkompositionen – allerdings nur, wenn eine Architektur die «Promenade» begünstigt, also ein Raumkontinuum oder eine Raumabfolge anbietet, die immer neue Sichtweisen eröffnet. Die Kunst besteht darin, die einzelnen Farbräume so zu gestalten, dass Durchblicke und Ausblicke sowohl eine malerische Qualität offenbaren als auch eine räumliche Wirkung erzeugen. Insofern geht es um das Komponieren eines Zusammenspiels unterschiedlicher Atmosphären, die dynamisch erlebt werden und die sich zu einem Gesamteindruck, einem übergeordneten Farbkonzept fügen. Die Strategie setzt bei den Gestalterinnen und Gestaltern neben dem versierten Umgang mit Raumproportionen und -atmosphären ein ausgeprägtes Gefühl für Farbklänge und Farbwirkungen voraus. Je virtuoser sich jemand in der Welt der Farben bewegt, desto weniger besteht die Gefahr, dass die einzelnen Farbräume und deren Abfolgen plakativ oder spannungslos wirken.

Die Farbstrategie der «Malerischen Promenade» lässt sich anhand des architektonischen Werks von Lux Guyer (1894-1955) in idealer Weise zeigen. Um 1930 erbaute Lux Guyer, die als erste selbständig erwerbende Architektin der Schweiz gilt, eine Serie von Einfamilienhäusern, wobei sie in der Regel auch als Bauunternehmerin fungierte. Zudem lebte sie in vielen ihrer eigenen Häuser selbst für eine gewisse Zeit. Die Bauten zeichnen sich durch eine Typisierung der Form, des Raums, teilweise auch des Materials und der Konstruktion aus. Der Urtypus ist das Saffa-Haus, das 1928 für die Schweizerische Ausstellung für Frauenarbeit SAFFA in Bern erbaut wurde und sich heute, nachdem es jahrelang in Aarau gestanden hatte, in Stäfa befindet. Fließende Raumfolgen, welche oft keine eindeutige Nutzung vorgeben, sondern Möglichkeiten anbieten, sollten Guyers Häuser zu komfortablem Lebensraum für Familien machen.

Die hier untersuchten Bauten stammen aus den Jahren 1928 (Saffa-Haus, Stäfa), 1929 (Haus Obere Schiedhalde, Küsnacht) und 1929/30 (Haus Sunnebüel, Itschnach), also aus einem engen Zeitraum. Die Häuser sind deshalb nicht nur gut miteinander zu vergleichen, es ist auch möglich, fehlende Farbbefunde im einen Bau durch Erkenntnisse aus einem anderen zu ergänzen und so trotz später erfolgter Übermalungen jeweils ein schlüssiges Bild zu erhalten. Die Farbstrategie, die wir hier als «Malerische Promenade» definieren, kam in jedem dieser drei Bauten zur Anwendung, sie ist jedoch nicht auf das gesamte Werk von Lux Guyer zu übertragen.

Die farbgestalterische Konzeption von Lux Guyer bestand in dieser Periode primär darin, jeweils pro Raum eine einzige Farbe für Wände und Decken zu wählen. Die Böden waren immer dunkler als Wände und Decken und wurden mal Ton in Ton, mal in einem anderen Buntton gestaltet. Mehrheitlich kamen Holzböden zum Einsatz – entweder als sichtbelassener Parkett oder als einfacher Riemenboden, der mit Ölfarbe gestrichen wurde. Außerdem verwendete die Architektin Klinkerböden in den Wohnhallen und schachbrettartig verlegte Keramikplatten in den Nassräumen. Vereinzelte Farbakzente wurden da und dort gesetzt, zum Beispiel beim Anstrich von Fußbodenleisten, Einbaumöbeln oder Fenster- und Türrahmen. Nur in wenigen Fällen brach Lux Guyer das Prinzip der Einheitlichkeit von Wand und Decke, so in der oberen Halle des Hauses Schiedhalde, wo eine Felderdecke aus Holz eingebaut wurde, deren Felder schachbrettartig voneinander abgesetzt wurden. Diese Akzente und Brüche im All-over-Konzept sind nicht unbedeutend für die Gesamtwirkung. Schweift der Blick durch den Raum, bleibt er an diesen «außergewöhnlichen» Details hängen, er ruht einen Moment, um dann weiter in die Tiefe zu gleiten. Es sind dies expressive Momente, die berühren und die Meisterschaft des Farbkonzepts deutlich machen. Durchblicke in andere Innenräume oder auch in den Außenraum werden in der Regel durch die akzentuierten Farben der Tür- oder Fensterrahmen strukturiert und gewissermaßen inszeniert. Das Übergeordnete und Verbindende dieser Abfolge von einzelnen Farbentscheiden ist im Fall von Lux Guyer die in sich stimmige, zuweilen auch kühne Farbpalette.

In den Quellen, insbesondere den zeitgenössischen Architekturjournalen, wird die Farbigkeit von Lux Guyers Wohnhäusern kaum detailliert beschrieben, wohl auch weil sie selbst die Farbe auf einer anderen Ebene angesiedelt hat als im architektonischen Entwurf. So sind denn auch auf den Architekturplänen kaum Eintragungen zu Farben oder Oberflächen zu finden.

Im Haus Obere Schiedhalde sind gemäß Bauuntersuchung in den ersten zehn Jahren des Bestehens des Hauses mindestens drei Farbschichten angebracht worden. Die stark farbige, an dieser Stelle diskutierte Fassung besteht vielerorts aus zwei Farbschichten, die sich um Nuancen unterscheiden. Die Vermutung liegt nahe, dass die Architektin zusammen mit dem Maler vor Ort war, um einen ersten Anstrich zu begutachten und allenfalls gleich zu korrigieren. Die Entscheide sind nirgends schriftlich festgehalten, sie wurden vor Ort aus einer sinnlichen Raumerfahrung heraus im Dialog gefällt. Dabei griff die Architektin zweifelsohne auf ein profundes Wissen um Farbwirkung und auf eine große Erfahrung im Umgang mit und in der Betrachtung von Farbe im Raum zurück.

Die Strategie der «Malerischen Promenade» lässt Experimente zu. Das schrittweise Entwickeln des Farbkonzepts in der Art von Lux Guyer verleiht Sicherheit, da es im persönlichen Erleben ständig überprüft werden kann. Die Option, den Anstrich sofort oder nach einer gewissen Zeit zu korrigieren, macht Mut, etwas zu wagen und eine Farbwirkung zu erproben. Die Methode des Sich-Herantastens an Farbtöne mag in einen standardisierten Bauablauf schwierig zu integrieren sein und die Interpretation von Befunden in Guyers Bauten nicht ganz einfach machen, sie hat aber auch Vorteile. Sie erlaubt es, lustvoll auf spezifische Raum- und Lichtsituationen einzugehen, und schafft Spielraum für Veränderungen. Mit einer solchen Haltung ließe sich auch die Renovation eines Baus von Lux Guyer angehen.

In einem Vortrag spricht Lux Guyer 1927 von der «sinnlichen Wärme und Naturgebundenheit des Menschen», die im Wohnhaus ihren Platz und ihre Entsprechung finden sollen. Dabei spiele das Zusammenwirken von Raum, Farbe und Material eine zentrale Rolle: «Wir wollen nicht nur bewohnbare Zellen, wir wollen ein bewohnbares Heim, in dem der Geist und die Seele wohnt. Grundriss, Aufriss sind gegeben, schaffe Raum du selber. – Das Geheimnis von Proportionen, Raum und Farbe. Wahl des Materials sei in deinen Händen, sei dein eigen ... Die persönliche Note – – – – ist baupolizeilich ‘bewilligt’(!).»

Die Farbpalette: Farbig, aber nicht bunt

Um 1930 gab es noch keine normierten Farbstandards. Der Maler mischte seine Farben auf der Baustelle und fertigte Muster an Ort und Stelle an. Die Auswahl an Pigmenten war besonders für Innenräume groß und reichte von mineralischen bis zu organischen, von natürlichen bis zu industriell hergestellten Pigmenten. Als Bindemittel wurden in Innenräumen auf Putz Leim oder Kasein, auf Holz Öl verwendet. Die Wahl des Bindemittels beeinflusste den Glanzgrad der Farbe, was für die Farbwirkung neben der Farbe an sich eine entscheidende Rolle spielt.

Lux Guyers Farbpalette kennt innerhalb dieser materialtechnischen Grenzen keine Tabus. Es gibt kaum einen Buntton, der nicht im einen oder anderen Bau ausgemacht werden kann. Wir finden Gelb, Grün und Blau, Violett, Rot und Orange, aber auch Weiß, Schwarz und Grau in verschiedenen Schattierungen. Was die Palette auszeichnet, ist die Weichheit der Farben. Sie wirken teils luftig und stets auf eine gewisse Art duftend. In der Regel sind die bunten Farben mehr oder weniger aufgehellt und durch Komplementärmischung vergraut. Die Palette der Grautöne, welche vornehmlich für Fenster- und Türrahmen, da und dort auch für eine Türe oder einen ganzen Raum verwendet wurde, ist breit und reicht von rötlichem, zu grünlichem bis zu bläulichem Grau. An ausgesuchten Stellen im Haus erscheint die Farbe stark glänzend, so zum Beispiel bei den hellen Untersichten der Vordächer von Gartensitzplätzen und Eingangsbereichen oder bei der Felderdecke in der oberen Halle des Hauses Schiedhalde. Der Glanz reflektiert die Farben der Umgebung und spielt noch stärker mit dem Licht. Die Farbe erhält dadurch etwas Schwebendes.

In der Zusammenschau lässt sich Lux Guyers Farbpalette als farbig, aber nicht bunt und als bewegt, aber nicht flüchtig beschreiben. Die Abfolge der Farben im Raumkontinuum folgt keinen Gesetzen, und wir sind geneigt, das Kolorit sowie die Art und Weise, wie die Farbe von Lux Guyer eingesetzt wurde, als «couleur libre» zu bezeichnen.

Saffa-Haus: Das Bewegliche

Lux Guyer, malerische Promenade

Das Saffa-Haus, als Fertighaus in Modulbauweise konstruiert, kann als Prototyp von Lux Guyers Einfamilienhäusern bezeichnet werden. Viele Überlegungen zum Zusammenleben und zur Nutzung von Räumen hat sie hier erstmals angestellt und die gefundenen Lösungen später vielfach variiert. Auch die Farbgebung ist in einer Art und Weise eingesetzt worden, die für spätere Bauten vorbildlich bleibt, jedoch Spielraum in Bezug auf die Farbpalette, den Einsatz von Akzentfarben und den Rhythmus offenlässt. Im beweglichen Musterhaus wird auch deutlich, dass die Fenster zwar präzise gesetzt sind, aber primär im Dienste der Innenräume und der Fassaden stehen. Auch wenn sie Ausblicke zulassen, zeigen sie keinen bestimmten pittoresken Ausschnitt des Außenraums, sondern lassen in erster Linie Licht in die Räume ein und unterstützen damit den malerischen Aspekt der Farbstrategie.

Das Saffa-Haus ist so als ein Lehrstück für Lux Guyers Arbeit und architektonische Auffassung zu verstehen: das Zusammenspiel von Garten und Haus, die Raumfolgen mit den teils variablen Räumen, der Bezug von Innen und Außen, die Gestaltung von homogenen Farbräumen und der punktuelle Einsatz von Akzentfarben, die den Betrachter leiten und den Blick auch ruhen lassen.

Haus Obere Schiedhalde: Das Kontextbezogene

Lux Guyer, malerische Promenade

Das Haus Obere Schiedhalde ist eine Variation des Saffa-Hauses, jedoch nicht in modularer Holzbauweise errichtet, sondern gemauert und verputzt, unverrückbar für genau diesen Ort geschaffen. Im Zuge der 2013 durchgeführten Restaurierungsarbeiten ist die Farbigkeit des Baus mehrfach untersucht und festgehalten worden. Das Haus Obere Schiedhalde ist somit punkto Farbe aktuell das bestuntersuchte Objekt in Lux Guyers Werk. Die Befunde haben mehrere Farbfassungen zu Tage geführt, deren Reichhaltigkeit auch die Fachwelt überrascht hat.

1939 ist Lux Guyer, die in mehreren ihrer Häuser selbst gewohnt hat, ins Haus Obere Schiedhalde eingezogen und hat dort ein Jahr lang gelebt. Aus dieser Zeit stammt gemäß unserer These diejenige Farbschicht, die in der Verwendung der Farbpalette deutlich intensiver ist als die darunterliegenden Schichten. Zudem sind in dieser späteren Fassung Tür- und Fensterrahmen teilweise in einer dunkleren Farbe abgesetzt, und die Farbe der Rahmen zieht sich als feiner Farbstreifen sogar nach außen in die Rahmung der Fenster im Fassadenbereich. Das Farbkonzept ist derart stark, die einzelnen Farben sind kräftig, Einzelentscheide auch gewagt, wie beispielsweise die schwarzen Fensterrahmen im Nordzimmer des Obergeschosses, dass es kaum wahrscheinlich scheint, dass jemand anderes als Lux Guyer selbst die Farbwahl getroffen hat. Es braucht für ein solches Konzept eine tiefe Kenntnis von Architektur und Raum und einen engen persönlichen Bezug zum Objekt. Außerdem fügen sich die vorgefundenen Farben in das für Lux Guyer charakteristische Kolorit jener Zeit ein.

Im Erdgeschoss tauchen wir in eine Farbwelt ein, die an einen sommerlichen, mit Hortensien bestückten Garten erinnert: weiche Lila- und Rosatöne treffen auf Grüne Erde und kräftiges Grün. Im Obergeschoss wird die Palette durch die Farben Orange, Hellgrün, Gelb, Schwarz und Blau erweitert, was zu einem weniger homogenen und eher sequenziellen Raum- und Farberlebnis führt.

Haus Sunnebüel: Das Verspielte

Lux Guyer, malerische Promenade

Auch im Haus Sunnebüel hat Lux Guyer zweitweise gelebt. Sie ist unmittelbar nach der Fertigstellung eingezogen und bis 1939 geblieben. Nach wenigen Jahren in anderen Häusern hat sie um 1941 nochmals für kurze Zeit im Sunnebüel gewohnt und dort zusammen mit ihrer Schwester Claire eine private Frauenschule für häusliche Kultur geführt. Eines der Fächer, die unterrichtet wurden, hieß «persönliche Wohngestaltung». Heute lebt ihre Nichte Beate Schnitter, ebenfalls Architektin, im Haus Sunnebüel und pflegt es mit Fachkenntnis.

Die Farbe wurde im Sunnebüel auf eine verspielte Art eingesetzt. Sie nimmt Bezug auf Möbel, die von Künstlerfreundinnen bemalt wurden, und zieht sich über die drei Stockwerke des Hauses mit seinen raffinierten Raumstaffelungen. Bilder befreundeter Künstler und Tapisserien von Lux Guyers Schwester Claire machen das Haus wie kein anderes zu einem Gesamterlebnis, auch im Hinblick auf Farbwahrnehmung.

Lux Guyer äußerte sich in der Schweizerischen Bauzeitung 1931 ausführlich zur gezielten Platzierung der Fenster im Haus Sunnebüel und schloss mit einer Bemerkung, die die Strategie «Malerische Promenade» gleichsam auf den Punkt zu bringen scheint: «Alles das für die Aussichtsfanatiker, wie sie nur in Zürich und Umgebung gedeihen. Zu diesen Ausblicken kommen die etwas raffinierteren ‘Durchblicke’, die Raumfolge, die Farbenfolge.»

Literatur

Lux Guyer, Wohnung und Hausrat. Vorträge über das Kleinwohnungswesen, VIII, in: Schweizerische Zeitschrift für Wohnungswesen, Bd. 2, 1927, Heft 5, S. 122-124.
Ausstellungshaus Lux Guyer auf der «Saffa», in: Schweizerische Bauzeitung 1928, Heft 25, S. 318-319.
Zwei Holzhäuser der Architektin Lux Guyer in Itschnach ob Küsnacht-Zürich, in: Schweizerische Bauzeitung 1931, Heft 15, S. 187.
Verein proSAFFAhaus und Institut für Geschichte und Theorie der Architektur (Hg.), Die drei Leben des Saffa-Hauses: Lux Guyers Musterhaus von 1928, Zürich 2006.
Sylvia Claus, Dorothee Huber, Beate Schnitter (Hg.), Lux Guyer (1894–1955) Architektin, Zürich 2013 (1. Auflage 2009).

Text
Fiona McLachlan, AnneMarie Neser, Lino Sibillano, Marcella Wenger und Stefanie Wettstein

Bilder
Haus der Farbe


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